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Brooklyn to Berlin

 

(Wijbrand Schaap für "Cultuurpers" (Kulturpresse))


Es gibt also doch figurative Musik. Musik, die genau wie figurative Malerei, ein ziemlich genaues Bild der Wirklichkeit zeichnet. Die Zusammensetzung 'Hurricane Transcriptions "von Sonic Youth-Gitarrist Lee Ranaldo ist ein solches Bild: 17 Streicher des ziemlich unvergleichlichen Ensemble Kaleidoskop zeigen eine ziemlich gute Impression von Hurricane Sandy, dass New York traf im letzten Jahr, und Lee Ranaldo singt dazu ein Liedchen.


Enttäuschend? Eigentlich schon. Eigentlich genau so enttäuschend wie das Auftreten von Greenwood & Dessner während des Holland Festival im letzten Jahr, mit Amsterdam Symfonietta. Auch da entstand eigentlich nicht schönes zwischen den elektrischen Gitarren der Popmusiker und den Klängen des klassischen Ensembles. 


Drastischer noch: Die begrenzte Menge Effektgeräte von Lee Ranaldo und das veraltete Instrumentarium (ein alter Fender Rhodes, ein abgeblätterter Strat und eine akustische Gitarre) teilen einen einzigen Verstärker. Das Bedienen des Effektpedals ergibt einen ziemlich lauten Klick und im Ambiente des Muziekgebouws stört das. Die Musiker von Kaleidoskop haben außerdem die ganzen Apparate nicht nötig um voller, angsteinjagender und stiller zu klingen als Lee Ranaldo. Mit seinen Schnürchen. 


Wie gut Kaleidoskop ist, haben sie früher am Abend hören lassen in drei Kompositionen, die die Vielseitigkeit dieses "Solisten-Ensemble" demonstrierten. Ob es ein musikwissenschaftlich hoch anerkannte atonale Geigenklangstöße oder Schmiertöne aus der Feder von Sebastian Claren sind, oder ein Stück minimal drone von Julia Wolfe, womit sie einen Zeitraffer-Film aus Hafenkränen begleitet (über das Figurative gesprochen): diese Hipster können alles, in ihren sorgfältig ausgesuchten Sommer-Outfits


Seltsamerweise flog das Dach des Gebäudes erst richtig weg bei einem Stück echter barocker Virtuosität: eine Scarlatti-Bearbeitung von Komponist Charles Avison. In ihrer Haltung, ihren Bewegungen, in ihrer Kommunikation unter einander und in ihrer Ausstrahlung lebte das gesamte Ensemble plötzlich auf, während sie vorher vor allem schwierig dreingeschaut hatten.


Das schwierig-gucken kam sofort wieder bei der Weltpremiere des Sandy-Gemäldes von Lee Ranaldo. Und während Kaleidoskop schwierig dreinblickte, schaute vor allem Ranaldo selber sehr schwierig. Auch in den Passagen indem er mit seiner Gitarre als Singer-Songwriter auftrat, und in das Mikrofon sang, hielt er besonders sorgfältige Dirigent André de Ridder im Blick. Logisch, weil er hatte auch Etwas Sehr Schwieriges (ironisch) geschrieben. 


Er war nicht dabei seine Geschichte zu erzählen, sondern dabei, im richtigen Moment die richtigen Worte zu singen. Das bedeutete, dass der Inhalt seiner Malerei auf der Bühne hängen blieb und nicht den Sprung in den Saal machte.


Und ich kann dann selbst ein großer Fan sein von Rock und Pop, in dem Moment als Lee Ranaldo sich mit seinem Bogen über seinen vintage Stratocaster hermachte, wurde das alles kurz echt peinlich: Da stand er, seinen Bogen in der Faust, ein bisschen sinnlos über die eisernen Saiten zu reiben, während um ihn herum der Sturm von Kaleidoskop raste. Wie ein Vorschulkind mit zu großen Fußballschuhen im Anstoßkreises während einer WM-Finale. 


Was bleibt, ist eine Begegnung mit einem virtuosen Ensemble. Weil das ist Kaleidoskop ohne weiteres.


Bewertung:

Optisch: 8 von 10

Programm: 6,5 von 10

Qualität Kaleidoskop: 9,5 von 10

Weltpremiere Ranaldo: 2,5

Gesamt: 6,6 (Enttäuschend: Demonstration von Virtuosität des Solistenensemble Kaleidoskop und Unvermögen von Lee Ranaldo sich daran zu messen)

 

Freitag, 14. Juni 2013

 
 

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